Hyperbilirubinämie: Bilirubin-Wert (Laborwert tBil) zu hoch
Wenn der Bilirubinspiegel im Blutserum über 1,2 mg/dl (20,5 µmol/l) liegt, spricht man von Hyperbilirubinämie, das heißt, der Blutwert (Gesamt-)Bilirubin ist zu hoch. In der Folge kommt es zur Gelbsucht (med.: Ikterus): nach und nach färben sich die Gewebe im Körper gelblich. Zunächst das Weiße im Auge (Sclera), dann die Haut - und schließlich auch die inneren Organe. Das überschüssige Bilirubin, das nicht mehr ausgeschieden werden kann, verteilt sich im gesamten Körper und führt zur Gelbfärbung.
Ursache für erhöhte Bilirubin-Werte

Es gibt eine Reihe von möglichen Ursachen. Zur genaueren Bestimmung werden das Verhältnis von direktem und indirektem Bilirubin (siehe unten), aber auch andere Blutwerte herangezogen. Dazu gehören zum Beispiel:
- Störung der Bilirubin-Aufnahme, z.B. durch
- eine Leberentzündung (Hepatitis)
- Überlastung des Transportsystems (z.B. weil Medikamente dieselben Transportwege blockieren)
- Störung der Bilirubin-Konjugation (Umwandlung in der Leber): meist erblich bedingt, z.B.
- Gilbert-Meulengracht-Syndrom
- Crigler-Najjar-Syndrom
- Störung des Bilirubin-Transportes: ebenfalls meist erblich bedingt. Hierzu zählen
- Dubin-Johnson-Syndrom
- Rotor-Syndrom
- Störung des Galle-Abflusses: recht häufig, weitere Leberwerte sind meist auffällig (z.B. ALAT oder Gamma GT). Meist durch Verstopfung der Gallengänge (Verschlussikterus), z.B. durch:
- Gallensteine (häufig sehr schmerzhaft: Koliken)
- Tumor (meist nicht schmerzhaft)
- Medikamente: verschiedene Substanzen in Medikamenten gelange über das Blut auch in die Leber, wo sie in Stoffwechselprozesse eingreifen - nicht selten als unerwünschter Nebeneffekt.
- Prähepatischer Ikterus (nicht durch eine Schädigung an der Leber hervorgerufen), z.B.
- Wenn zu viele Blutkörperchen direkt im Blut abgebaut werden, erhöht sich besonders das indirekte Bilirubin (das noch nicht in die Leber gelangt ist). Dazu gehören verschiedene Anämien, z.B. die Sichelzellenanämie (siehe Mikrozytäre Anämie).
- Neugeborene haben nicht selten eine "prähepatische Gelbsucht", weil die Leber in diesem frühen Stadium noch nicht voll funktionsfähig ist und nicht ausreichend Bilirubin abbauen kann.
In der Regel lässt sich die Ursache erhöhter Bilirubinwerte durch den Abgleich mit anderen Laborwerten ermitteln.
Was ist Bilirubin?
Bilirubin bedeutet wörtlich eigentlich "rote Galle" (von lat. bilis "Galle" und rubin "rot") - aber in Wirklichkeit ist die Substanz gelblich. Es handelt sich um das Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin - es ist also quasi der gelbe Gallenfarbstoff. Bilirubin wird über den Darm oder die Niere ausgeschieden - daher ist auch Harn gelblich und Stuhl bräunlich. Als Blutwert wird Bilirubin herangezogen, um mögliche Schäden an der Leber oder den Gallengängen (z.B. durch Gallensteine) zu diagnostizieren.
Pro Tag werden fast 200 Milliarden (!) neue rote Blutkörperchen (Erythrozyten) gebildet, das entspricht ca. 2. Millionen pro Sekunde. In gleichem Umfang, wie neue Erythrozyten gebildet werden, müssen die alten natürlich abgebaut werden. Das Abbauprodukt ist Bilirubin (Definition).
Das geschieht überwiegend in der Milz - in geringem Umfang auch in der Leber. Beim Abbau der alten Erythrozyten durch Makrophagen (Fresszellen, Unterart der Monozyten) wird das Eisen aus der Häm-Gruppe zur Wiederverwendung abgespalten und an Transferrin in den Blutkreislauf entlassen. Der restlichen Aminosäuren werden zusammengefaltet und über die Zwischenstufe Biliverdin (grünlich) in Bilirubin umgewandelt (gelb). Dieses Abbauprodukt des Hämoglobin (Definition) muss dann aus der Milz in die Leber gebracht werden.

Direktes und indirektes Bilirubin
Bilirubin ist lipophil (fettliebend) und entsprechend hydrophob (wasserabweisend). Daher kann es nicht einfach im wässrigen Blutserum schwimmen (sonst würde es verklumpen), sondern braucht ein Vehikel, um im Blut transportiert zu werden. Dieses Transportmolekül ist das Plasma-Protein Albumin. Es hat - so ähnlich wie ein Lipoprotein für die Blutfette - eine kugelförmige Gestalt. Im Inneren diese Kügelchen können Stoffe im Blut transportiert werden (Oberbegriff dieser Transportkügelchen: Globuline). Zumeist ist die Bindung relativ locker, aber ab und zu ist die Bindung fester (das bezeichnet man dann als "Delta-Bilirubin").

Für den Transport von der Milz in die Leber: Indirektes Bilirubin.
Für den Transport von Leber in Darm (und Darm zu Niere): direktes Bilirubin.
Indirektes Bilirubin (unkonjugiert)
Bilirubin, das an ein solches Albumin gebunden ist, bezeichnet man als "unkonjugiert" oder auch als "indirektes Bilirubin". In diesen Transportkügelchen gelangt das "indirekte Bilirubin" in die Leber. Neben dem Gesamt-Bilirubin-Wert wird auch indirektes Bilirubin als Laborwert gemessen - also der Teil an Bilirubin, der auf dem Weg von der Milz in die Leber ist.

Direktes Bilirubin (konjugiert)
In der Leber wird das Bilirubin abgeladen. Genau genommen wird es durch das EnzymGlucuronyltransferase an Glucuronsäure gekoppelt (konjugiert). Diese Form (und das o.g. Delta-Bilirubin) bezeichnet man als "direktes, konjugiertes Bilirubin". Anschließend gelangt das konjugierte Bilirubin über die Gallenwege in den Darm und wird dort ausgeschieden - ein kleiner Teil gelangt in die Niere und wird dort ausgeschieden.

Bilirubin im Blut / als Blutwert
Genau hier wird deutlich, warum Bilirubin als Blutwert Relevanz besitzt:
- wenn das indirekte Bilirubin erhöht ist, spricht man von einem "prähepatischen Ikterus", weil die Ursache "vor der Leber" liegt - meist aufgrund eines Problems mit den Blut an sich, daher auch "hämolytischer Ikterus" (Hämo = Blut-betreffend)
- wenn das direkte Bilirubin erhöht ist, liegt die Ursache in der Leber oder den Gallengängen. Das bezeichnet man als sog. hepatischer Ikterus (hepa = Leber betreffend)
In jedem Fall gelangen dann großen Mengen Bilirubin unkontrolliert wieder ins Blut und verteilen sich so im gesamten Körper. Da es hierfür keine sinnvolle Verwendung gibt (keine geeigneten bio-chemischen Prozesse), lagert sich der gelbe Farbstoff einfach mehr oder weniger überall ab, so auch in der Haut-Oberfläche und in der Sclera des Auges (das Weiße im Auge). Mangels Farbstoff wird der Stuhl sandfarben hell und der Urin eher dunkel gefärbt.
Kurz zusammengefasst:
- Im Blut: Unkonjugiertes Bilirubin / indirektes Bilirubin ist wasserabweisend und wird an Albumin (Blutprotein) gekoppelt, um im Blut transportiert zu werden.
- In der Leber: Konjugiertes Bilirubin / direktes Bilirubin ist an Glucuronsäure gekoppelt (dadurch wasserlöslich) und wird von der Leber über die Gallenwege in den Darm abgegeben.
- Im Blut: eine geringe Menge konjugiertes Bilirubin / direktes Bilirubin gelangt aus dem Darm wieder ins Blut und wird dann von der Niere aufgenommen, umgewandelt und über den Harn ausgeschieden.
Bilirubin Normalwerte
Von dem Gesamt-Bilirubin, das im Blut gemessen wird, sind etwa. 5/6 indirektes, also solches, das an Albumin gebunden ist. Nur ca. 1/6 ist direktes (konjugiertes) Bilirubin, dass durch Glucuronsäure wasserlöslich gemacht wurde.
Im Laufe des Tages verändert sich die Bilirubinkonzentration des Blutes, daher sollte die Bluentnahme morgens auf nüchternen Magen erfolgen. Die Normalwerte für Erwachsene betragen:
Bilirubin-Normalwerte | ||
Leberwert | in Milligramm pro Deziliter | in Mikromol pro Liter |
Bilirubin | unter 1,2 mg/dl | unter 20,5 µmol/l |
indirektes Bilirubin | unter 1,0 mg/dl | unter 17,1 µmol/l |
direktes Bilirubin | unter 0,2 mg/dl | unter 3,4 µmol/l |
Abkürzungen: mg = Milligramm; dl = Deziliter; µmol = mikromol; l = Liter - Mehr zu den Einheiten
Bei fast 60% der Neugeborenen kommen vorübergehend auch höhere Bilirubinwerte vor (Neugeborenen-Gelbsucht). Der Grund dafür ist, dass die Aktivität des Enzyms Glucuronyltransferase, das die Umwandlung in direktes Bilirubin katalysiert, noch nicht wirklich ausgebildet ist. Die Gefahr hierbei ist, dass sich Bilirubin im zentralen Nervensystem ablagert und hier zentralnervöse Schäden verursacht. Mit Hilfe von UV-Strahlung kann das in der Haut abgelagerte Bilirubin in wasserlösliches Lumirubin umgewandelt werden, so dass es ausgeschieden werden kann (Phototherapie).
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