Eisenmangelanämie
Die Eisenmangelanämie ist die weltweit häufigste Form der Anämie (Blutarmut). Ca. 600 Mio. Menschen sind davon betroffen. Durch den Eisenmangel kann nicht ausreichend Hämoglobin gebildet werden. In der Folge können zu wenig Erythrozyten gebildet werden, wodurch die Sauerstoffversorgung des Organismus gestört ist. Das bedeutet, die Organe werden nicht ausreichend mit Energie versorgt. Patienten mit einer Eisenmangelanämie fühlen sich oft müde und antriebslos und neigen zu blasser Haut und Gesichtsfarbe. Eine Eisenmangelanämie lässt sich anhand einiger Blutwerte feststellen. Auch deshalb gehört die Blutentnahme (kleines Blutbild) mit einer entsprechenden Labor-Untersuchung zur Standard-Routine beim Arztbesuch.
Nach der Diagnose Eisenmangelanämie muss die Ursache gefunden werden. Ist es nur unzureichende Ernährung? Oder gibt es unerkannte Blutungen im Körper? Oder funktionieren bestimmte Mechanismen bei der Blutbildung nicht mehr? Wird die Eisenaufnahme oder der Transport gehemmt? Erst wenn die Ursache bekannt ist, kann die Ärztin oder der Arzt eine geeignete Behandlung empfehlen.
Was funktioniert nicht mehr?
Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) sind für die Versorgung der Zellen mit Sauerstoff aus der Lunge verantwortlich. Aus Sauerstoff gewinnen die Zellen Energie. Die Erythrozyten bestehen zu rund 90% aus Hämoglobin. Das ist ein kugelförmiges Gebilde aus vier Bausteinen (Proteinen). In der Mitte des Hämoglobins befindet sich Eisen (Fe2+). Genau an dieses Eisen kann Sauerstoff angebunden werden (und auch Kohlendioxid). Hämoglobin ist also für den Transport von Sauerstoff fundamental wichtig.
Wenn bei der Blutbildung (sog. Erythropoese) zu wenig Eisen zur Verfügung steht, kann nicht mehr ausreichend Hämoglobin gebildet werden. Folglich werden nicht mehr ausreichend funktionstaugliche Erythrozyten gebildet - genau das ist eine Eisenmangelanämie. Eine Anämie ist das Krankheitsbild, bei dem zu wenig Hämoglobin im Blut vorhanden ist.
Ursachen einer Eisenmangelanämie
Es gibt zahlreiche Ursachen für Eisenmangel. Dazu gehören:
- Mangelnde Eisenaufnahme durch die Nahrung
- Blutungsverlust, Menstruation
- Erhöhter Bedarf in Wachstumsphasen (bei Kindern und Jugendlichen)
- Erhöhter Bedarf während Schwangerschaft und Stillzeit
- Probleme bei der Eisen-Aufnahme im Magen oder Darm, oft hervorgerufen durch "Hemmstoffe" wie z. B. Erdnüsse, Milchprodukte, Eier oder Kaffee
- Probleme beim Eisentransport (zuständig dafür ist das sog. Transferrin)
- Probleme bei der Zwischenlagerung von Eisen im Körper (zuständig dafür: Ferritin)
Die häufigste Ursache in Europa ist ein chronischer Blutverlust. In einem Milliliter Blut ist etwa 0,5 Milligramm Eisen enthalten. Die häufigsten Ursachen von Blutungen sind:
- Blutungen im Magen-Darm-Trakt, z.B. aufgrund von Magenschleimhautentzündung (Gastritis), Magen-Darm-Geschwüren, Hämorrhoiden oder Parasiten (Tropen).
- Blutungen in Harnwegen und Geschlechtsorganen, vor allem Menstruation. Knapp 15 Prozent der Frauen haben eine verstärkte Regelblutung und sind besonders gefährdet, einen Eisenmangel zu entwickeln.
- Blutverluste über die Atemwege
- Zahnfleischbluten (chronisch)
- Häufiges Nasenbluten
- Operationen
- Dialyse-Patienten verlieren aufgrund ihrer Nierenerkrankung fast 2,5 Liter Blut pro Jahr
Typische Laborwerte bei einer Eisenmangelanämie
Man kann Eisen zwar auch direkt im Blut messen, allerdings ist dieser Wert sehr abhängig von der letzten Nahrungsaufnahme. Er ist daher als alleiniger Nachweis nicht wirklich zuverlässig. Stattdessen werden eher die Blutwerte herangezogen, die mit den roten Blutkörperchen direkt zu tun haben. Bei einer Eisenmangelanämie sind einige Werte des kleinen Blutbildes auffällig:
- Die Anzahl der roten Blutkörperchen zu gering (Blutwert Ery): Allgemeiner Hinweis auf Anämie
- Die Erythrozyten sind kleiner als normal (Blutwert MCV: Mittleres Erythrozytenvolumen)
- Das Hämoglobin ist vermindert (Blutwert Hb)
- Die Hämoglobinmenge pro Erythrozyt ist vermindert (Blutwert MCH: Mittleres Erythrozytenhämoglobin)
- Die Hämoglobinkonzentration pro Erythrozyt ist zu gering (Blutwert MCHC: Mittlere Korpuskuläre Hämoglobinkonzentration)
- Die Größe der Erythrozyten variiert stark (Blutwert EVB: Erythrozytenverteilungsbreite, auch als RDW bezeichnet)
- Der Hämatokrit ist vermindert (Blutwert Hkt: der Verhältnis von Blutzellen zum Blutplasma) - allerdings kann das allein auch viele andere Ursachen haben
- Die Anzahl der Retikulozyten ist zu gering (Blutwert Reti: Vorstufe der Erythrozyten)
In der folgenden Grafik werden die Unterschiede zwischen MCH, MCV und MCHC deutlich:
Aufgrund der kleineren und blassen Erythrozyten wird eine Eisenmangelanämie auch als mikrozytäre hypochrome Anämie bezeichnet.
Eisentransport (Transferrin) und -speicherung (Ferritin)
Entscheidend bei der Diagnose ist zudem der sog. Ferritin-Wert. Ferritin (Depot-Eisen) ist ein Proteinkomplex, der Eisen speichern kann. Wenn der Ferritin-Wert zu gering ist, kann man ziemlich sicher von einer Eisenmangelanämie ausgehen.
Eine Eisenmangelanämie kann allerdings auch kurzfristig normale Ferretin-Werte haben. Daher untersucht man zudem noch das sog. Transferrin. Das ist ein Transporteiweiß für Eisen. Eine Verminderung der Transferrinsättigung kann auf Eisenmangel hindeuten, als Einzelwert ist das jedoch ebenfalls nicht zwingend.
Keiner der Blutwerte allein kann eine Eisenmangelanämie eindeutig erkennen - erst durch das Gesamtbild lässt sie sich diagnostizieren. In aller Regel sind drei Werte für die Diagnose ausschlaggebend:
Wichtige Werte bei Eisenmangelanämie | |||
Prälatente Anämie | latente Anämie | manifeste Anämie | |
Hämoglobin | normal | normal | erniedrigt |
Transferrin (Sättigung) | normal | erniedrigt | erniedrigt |
Ferritin | erniedrigt | erniedrigt | erniedrigt |
Die Normalwerte sind:
Eisen-relevante Werte im Blut | ||
Männer | Frauen | |
Hämoglobin | 13 - 18 g/dl | 12 - 16 g/dl |
Transferrin (Sättigung) | 20% -45% | 20% -45% |
Ferritin | 30 ng/ml - 300 ng/ml | 20 ng/ml - 100 ng/ml |
Abkürzungen: ml = Milliliter; dl = Deziliter; g = Gramm; ng = Nanogramm - Mehr zu den Einheiten
Symptome einer Eisenmangelanämie
Die Symptome und Beschwerden sind bei einer Eisenmangelanämie vielfältig. Ausschlagend ist in aller Regel die Unterversorgung der Zellen mit Energie (Sauerstoff). Wie stark einzelne Symptome ausgeprägt sind, hängt auch vom Stadium und der Geschwindigkeit, mit der sie sich entwickelt, ab. Folgende Symptome gelten unter anderem als typisch:
- Anfangsstadium:
- Kurzatmigkeit, vor allem unter Belastung
- Leistungsabfall und körperliche Schwäche
- Müdigkeit, Abgeschlagenheit
- Kopfschmerzen
- Blässe der Haut
- Nägel: Brüchigkeit, Rillenbildung, Koilonychie
- rissige Mundwinkel (Faulecken, Mundwinkelrhagaden)
- glanzloses, sprödes Haar
- Fortgeschrittenes Stadium:
- eingeschränkte Herzfunktionen
- Konzentrationsstörungen
- Schwindelgefühl (Vertigo)
- Gleichgewichtsstörung
- Ohnmacht
Behandlung
Grundsätzlich wird die Eisenmangelanämie wie ein Eisenmangel allgemein behandelt.
- Umstellung der Ernährung
- Ggf. medikamentöse Eisentherapie
Falls eine schwere, u. U. lebensgefährliche Anämie vorliegt, müssen gegebenenfalls Bluttransfusionen (Erythrozyten) verabreicht werden.
Bitte beachten: sprechen Sie immer mit Ihrem Arzt oder Apotheker über geeignete Therapien und Medikamente, auch wenn es nur um die Vorbeugung geht.
Siehe auch
- Blutwert Erythrozyten
- Blutwert Hämoglobin
- Apotheken-Umschau: Eisenmangelanämie
- Wikipedia: Eisenmangelanämie